Im Layoutsatz ist gute Raumverteilung das A und O. Ich möchte hier ein Problem zur Diskussion stellen, für das Scribus bislang leider keine Lösungen bereitstellt.
In den bisherigen Versionen füllt Scribus den Textrahmen immer von oben nach unten. In Version 1.5 kommt die Möglichkeit hinzu, den Text im Rahmen auch unten oder mittig auszurichten.
Wünschenswert wäre eine weitere Option: das vertikale Austreiben der Kolumne auf die volle Rahmenhöhe durch automatisches Verteilen von Leerraum zwischen den Absätzen oder auch Zeilen. Im DTP nennt man das den "vertikalen Keil". In der frühen Phase des DTP um 1990 hat QuarkXPress eine solche Funktion eingeführt. Das war einer der großen Vorzüge gegenüber Pagemaker. (In Pagemaker gab es damals keine Textrahmen, sondern der Text wurde in rahmenlosen Blöcken gesetzt.)
In der Zeit des Bleisatzes war dieses vertikale Austreiben von Kolumnen auf eine vorgegebene Höhe eine selbstverständliche Technik beim Umbruch von Zeitungen und Zeitschriften: Man musste häufig Regletten (vertikales Blindmaterial in Form von Metallstreifen) zwischen die Absätze legen. Im "glatten" Buchsatz war Registerhaltigkeit, also die Anordnung der Grundtextzeilen auf einem festen Grundlinienraster die Norm - die allerdings auch nicht immer eingehalten werden konnte, auch hier kommt es vor, dass vertikales Material flexibel verteilt werden muss. Bei Tageszeitungen oder Wochenmagazinen, die unter großem Zeitdruck produziert werden, war Registerhaltigkeit hingegen kaum machbar - schließlich konnte man nicht einfach auf "Grundlinienraster" klicken, und Bilder konnten nicht schnell nach Belieben auf die passende Höhe skaliert werden. Um die Spalten bündig zu füllen, musste man also häufig zwischen den Absätzen Leerraum verteilen. (Wer dafür Anschauungsmaterial sucht, findet es reichlich z.B. in Gestalt von Scans alter Artikel im Online-Archiv des SPIEGEL: Dort sieht man immer flexible Absatzabstände.)
Im DTP-Zeitschriftensatz ist Registerhaltigkeit wesentlich leichter machbar als mit früheren Technologien, aber auch hier können Situationen auftreten, wo flexible Raumverteilung erforderlich ist. Vor allem braucht man diese im Akzidenzsatz. Jeder, der einmal massenhaft Zeitungsanzeigen gesetzt hat, kennt das: Der Kunde bestellt eine Anzeige mit einer festgelegten Höhe, für die er bezahlt, der Text muss optisch ansprechend auf diese Höhe gebracht werden, wobei die Absatzabstände entsprechend ausgetrieben werden müssen. Mit QuarkXPress oder InDesign geht es mit dem vertikalen Keil sehr einfach, mit Scribus dagegen wäre es eine Qual, Scribus wäre hierfür ein völlig ineffizientes Werkzeug.
Die Programmierung einer Funktion für den vertikalen Keil ist wahrscheinlich relativ aufwändig, weswegen ich sie nicht mit allerhöchster Priorität fordern würde, aber sie sollte unbedingt vorgemerkt werden.
(Vor allem ist die in Scribus 1.5 vorgesehene, bei mir allerdings nicht funktionierende Absatzformatoption zur Tilgung von Hurenkindern/Schusterjungen eigentlich nur in Verbindung mit einem vertikalen Keil sinnvoll.)
Vertikaler Keil
Re: Vertikaler Keil
frage: wärst du in der lage, der vertikale keil formell zu beschreiben?
unter umstände, mit eine genaue beschreibung seines verhaltens kann jemand es implementieren...
unter umstände, mit eine genaue beschreibung seines verhaltens kann jemand es implementieren...
Re: Vertikaler Keil
Mal eine ganz dumme Frage:
kann man das nicht über einen Stil erschlagen, dem man statt Grundlinienraster eine fest eingestellte Zeilenhöhe, die etwas höher ist als das Grundlinienraster, vergibt? Diesen Stil könnte man einem ausgewählten Absatz zuweisen?
kann man das nicht über einen Stil erschlagen, dem man statt Grundlinienraster eine fest eingestellte Zeilenhöhe, die etwas höher ist als das Grundlinienraster, vergibt? Diesen Stil könnte man einem ausgewählten Absatz zuweisen?
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Re: Vertikaler Keil
hallo anke
du müsstest dann für jede situation (z. b. mit titel oder zwischentitel…) einen neuen stil mit anderem zeilenabstand erstellen und diesen auf mehrere dezimalstellen genau justieren, damit das ganze irgendwie passt – ähnlich wie die erstellung von blocksatz durch horizontales skalieren der schrift – ein vertikaler keil ist da viel dynamischer.
wenn ich mit spalten oder einander gegenüber liegenden satzspiegeln text vertikal passgenau austreiben möchte, müsste dies für mich zwingend durch das programm unterstützt werden! (zum glück arbeite ich nicht so…)
du müsstest dann für jede situation (z. b. mit titel oder zwischentitel…) einen neuen stil mit anderem zeilenabstand erstellen und diesen auf mehrere dezimalstellen genau justieren, damit das ganze irgendwie passt – ähnlich wie die erstellung von blocksatz durch horizontales skalieren der schrift – ein vertikaler keil ist da viel dynamischer.
wenn ich mit spalten oder einander gegenüber liegenden satzspiegeln text vertikal passgenau austreiben möchte, müsste dies für mich zwingend durch das programm unterstützt werden! (zum glück arbeite ich nicht so…)
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Re: Vertikaler Keil
Das sehe ich genau so wie Utnik es beschreibt.
Wieso nicht die anderswo beschriebene Version eines neuen Absatzes (oder auch mal zwei Absätze zusammenziehen? Das löst das Problem schnell, einfach, unsichtbar und elegant. Und wer von den geneigten Lesern merkt das wirklich?
Mal ganz abgesehen davon, die heutigen Bücher versuchen zwar Registerhaltig zu sein, nur passiert das in vielen Fällen nicht, ja es wird ja immer weniger auf Qualität geachtet. Auch bei rennomierten Verlagen. Da sind Registerverschiebungen in alle Richtungen bis zwei oder drei Millimeter ja keine Seltenheit mehr.
Wieso nicht die anderswo beschriebene Version eines neuen Absatzes (oder auch mal zwei Absätze zusammenziehen? Das löst das Problem schnell, einfach, unsichtbar und elegant. Und wer von den geneigten Lesern merkt das wirklich?
Mal ganz abgesehen davon, die heutigen Bücher versuchen zwar Registerhaltig zu sein, nur passiert das in vielen Fällen nicht, ja es wird ja immer weniger auf Qualität geachtet. Auch bei rennomierten Verlagen. Da sind Registerverschiebungen in alle Richtungen bis zwei oder drei Millimeter ja keine Seltenheit mehr.
Ein Cicero muss nicht zwangsläufig 12 Punkte haben, wie ein Waisenkind auch nicht immer im Heim leben muss.
Kubuntu 14.04-3, Scribus-Version 1.4.3.svn
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Re: Vertikaler Keil
hm... ich hatte das jetzt so verstanden, dass da nur ein Absatz angepasst werden muss, nicht die ganze Seite. Natürlich ist dann die Registerhaltigkeit hinüber, aber es wäre eine ganz einfache Lösung (gepfuscht halt )
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Re: Vertikaler Keil
Hallo a.l.e, herzlichen Dank erstmal für dein Interesse und Engagement. Ja, ich könnte eine formalisierte Beschreibung liefern, die als Grundlage einer Algorithmisierung dienen kann. Ich brauche dafür etwas Bedenkzeit, um es möglichst einwandfrei darzustellen, und werde die Darstellung dann nachliefern. Wie aufwändig die Programmierung im Endeffekt ist, kann ich nicht abschätzen.a.l.e hat geschrieben:frage: wärst du in der lage, der vertikale keil formell zu beschreiben?
Nein, es ist nicht gepfuscht. Anke, ich frage mich, was bei euch los ist, dass einige von euch zwar nie im grafischen Gewerbe gearbeitet, aber seltsamerweise einen Narren an der Registerhaltigkeit gefressen haben?Anke hat geschrieben:Natürlich ist dann die Registerhaltigkeit hinüber, aber es wäre eine ganz einfache Lösung (gepfuscht halt)
Ich schreibe mir hier die Finger wund. Ich habe es groß, breit und ausführlich erklärt und erkläre es eigens für dich noch einmal: Registerhaltigkeit ist die Norm in einer bestimmten Art von Werken, nämlich in solchen, die vorwiegend "glatten" Text enthalten. Es gibt aber auch Werke, in denen Registerhaltigkeit gar nicht benötigt wird und eine harmonische Raumverteilung eher behindern würde (z.B. Lehrbücher mit vielen Abbildungen, Tabellen, Formeln usw.). In Zeitungen war Registerhaltigkeit in der Bleisatzzeit gar nicht üblich, weil sie dafür technisch viel zu aufwändig gewesen wäre, sondern man hat immer die Spalten vertikal ausgetrieben, bis es passte. Also: Es gibt Satzaufgaben, wo Registerhaltigkeit unbedingt wünschenswert ist, und es Satzaufgaben, wo ein vertikaler Keil benötigt wird. Beides gehört seit 25 Jahren zur Standardfunktionalität von DTP-Programmen. Ist das so schwer zu verstehen?
Re: Vertikaler Keil
Also ich weiß jetzt nicht, warum du auf meine Beiträge immer so empfindlich reagierst. Deine Beiträge sind zwar häufig sehr umfangreich, aber nicht schwer zu verstehen.Manutius hat geschrieben:... Ist das so schwer zu verstehen?
Meine Frage war lediglich, ob es eine Möglichkeit wäre den Text insgesamt registerhaltig erscheinen zu lassen und dennoch einen Zwischenraum eines Absatzes so zu verändern, dass er wie ein vertikaler Keil wirkt. Natürlich ist das "gepfuscht", da es nicht strikt am Register ausgerichtet ist, dennoch aber den Eindruck erweckt. Das macht jeder Handwerker, um sich die Arbeit zu erleichtern. Also eine ganz normale Vorgehensweise und meinerseits eine einfache Frage, ob man das nicht mit dem oben von mir angefragten Workaround erschlagen kann, bevor die Entwickler wieder den Quellcode umstricken.
Viele Grüße Anke
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Re: Vertikaler Keil
OK - das wäre ein Problem, das in bestimmten Zusammenhängen relevant sein könnte, nämlich in wissenschaftlichen Werken, in denen Zitate im Block in kleinerem Schriftgrad gesetzt werden. Ich habe jetzt leider kein Bild, an dem ich das zeigen kann, und keine Zeit, eines zu basteln, und versuche, es zu erklären. Die Idee wäre die: Der Grundtext steht auf Register. Wenn auf der Seite zwischen Grundtext-Absätzen ein oder zwei Zitatblöcke mit kleinerem Schriftgrad und kleinerem Zeilenabstand stehen, dann können diese logischerweise nicht Register halten. Sie müssten mit etwas Abstand davor und danach eingepasst werden, und dabei wäre es ideal, wenn eine vertikale Keil-Funktion existiert, die nur an diesen Stellen flexible Abstände erzeugt, während der Grundtext immer auf dem Register einrastet. Das wäre dann allerdings schon eine sehr ausgefeilte Funktion, die über das, was normale DTP-Programme leisten, hinausgeht und die von Scribus kaum zu verlangen wäre. (In solchen Fällen ist Registerhaltung des Grundtexts auch nicht zwingend erforderlich, sie wäre besonders elegant.)Anke hat geschrieben:Meine Frage war lediglich, ob es eine Möglichkeit wäre den Text insgesamt registerhaltig erscheinen zu lassen und dennoch einen Zwischenraum eines Absatzes so zu verändern, dass er wie ein vertikaler Keil wirkt.
Anders gesagt: Der vertikale Keil, wie er in QuarkXPress vor 25 Jahren eingeführt wurde, treibt den Text im Rahmen rigoros auf die volle Höhe aus, indem er je nach Wunsch des Benutzers zwischen den Absätzen oder zwischen den Zeilen den Restraum verteilt. Bei dieser Funktionsweise muss man sich dann tatsächlich entweder für Registerhaltigkeit oder für vertikales Austreiben entscheiden. Natürlich wäre es noch besser, wenn man eine Funktion hätte, mit der man beides kombinieren kann, aber ich glaube, das wäre dann eine ziemlich komplizierte Sache - so viel würde ich von Scribus nicht fordern wollen. Für den Satz solcher wissenschaftlicher Werke ist Scribus auch nicht das beste Werkzeug.